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Der Trainingsbetrieb der Werkselfen

Zwischen zwei Einheiten nahm sich das Trainerduo der Handball-Elfen Wolf/Biegler Zeit, um einen Einblick in den derzeitigen Stand zu geben.


Es sind turbulente Zeiten für die gesamte Gesellschaft – und auch für den Frauenhandball ist die aktuelle Lage keine leichte. Die Werkselfen sind eine der wenigen Sportmannschaften, die zum heutigen Zeitpunkt noch keine Kurzarbeit angemeldet haben.
Renate Wolf und Michael Biegler trainieren ihre Elfen also weiterhin, anders als gewohnt nicht als gesamte Mannschaft, sondern lediglich in Zweiergruppen. Das heißt im Umkehrschluss, dass die Trainer von Montag bis Freitag nahezu den ganzen Tag in der Fritz-Jacobi-Halle verbringen.
Zwischen zwei Einheiten nahm sich das Trainerduo dennoch Zeit, um Ex-Nationalspielerin und Rechtsaußen Svenja Huber von der „Elfenpresse“ einen Einblick in den derzeitigen Stand bei den Handballerinnen des TSV Bayer 04 Leverkusen zu geben.


Herr Biegler, Sie haben in ihrer Laufbahn schon viel erlebt, wie beurteilen Sie die aktuelle Lage aufgrund von COVID 19?

Biegler: „Diese Situation ist mit nichts bisher Dagewesenem vergleichbar – es stellt für alle Menschen eine riesige Herausforderung dar. Der Sport ist lediglich ein Abbild unserer Gesellschaft und niemand kann mangels bereits gemachter Erfahrungen sagen, wohin der Weg führen wird.

Als ein Teil des Leistungssports bin ich aber sehr darüber verwundert, wie zurzeit in vielen Vereinen mit der Betreuung von Leistungssportlern verfahren wird. De facto sehe ich, dass allgemein zu wenig adäquate sportartspezifische Reize für Leistungssportler - gleichzusetzen mit Sportlern in Ausübung ihres Berufes - in der jetzigen Situation angeboten werden, und dass sich darüber hinaus dieses Thema in der Öffentlichkeit zu wenig widerfindet.

 


Niemand kann wirklich erahnen, ob, wann und in welcher Form sich die Sportart Handball in der nahen und erweiterten Zukunft wieder aufstellen wird. Da dies in meinen Augen absolut nicht vorhersehbar ist, sehe ich es als Hauptaufgabe der Verantwortlichen momentan an, sich Gedanken über sportartspezifische Trainingsmöglichkeiten zu machen und diese selbstverständlich nach den derzeit bestehenden gesellschaftlichen Regeln zu ermöglichen.“

Anders sieht das Ganze aus, wenn der Verein eines Sportlers bereits Kurzarbeit angemeldet hat. Frau Wolf, wie sieht es mit dem Thema Kurzarbeit bei Bayer 04 aus und welche Konsequenzen würde diese mit sich bringen?

Wolf: „Viele Vereine in der gesamten Sportwelt mussten bereits aus wirtschaftlichen Gründen teilweise oder komplett in Kurzarbeit gehen. Wir – als Teil des Gesamtvereines TSV Bayer 04 Leverkusen – haben zum aktuellen Zeitpunkt keine Kurzarbeit für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angemeldet. Wir sind ein Teil des TSV und dieser gibt die Richtung vor.

Sobald ein Unternehmen Kurzarbeit anmeldet, hat man keinen oder nur teilweise Zugriff auf seine Angestellten – in unserem Fall auf die Sportlerinnen. Das würde im Klartext bedeuten, dass wir unsere Spielerinnen nicht mehr leistungssportgerecht fithalten könnten.“

Biegler: „Ich beteilige mich ja bei Bayer 04 als „helfende Hand“ und möchte deutlich zum Ausdruck bringen, dass ich über die Vorgehensweise hocherfreut bin. Der Verein bietet herausragende Trainingsanlagen und den Leistungssportlern in jeder Hinsicht absolut adäquate sportartspezifische Trainingsbedingungen. Die Leistungssportler werden hier in dieser besonderen Zeit nicht allein gelassen – das imponiert mir! Der Körper ist schließlich wie ein fein getunter Motor, der sich nicht so einfach von heute auf morgen „shut-downen“ lässt.

Sicherlich kann man kurzzeitig auch zuhause allein trainieren, aber sicherlich erfüllen diese Rahmenbedingungen mittel- und langfristig nicht das jeweilige sportartspezifische Profil. Die Bundesliga-Spielerinnen haben auch hier selbstredend zu Beginn lediglich Übungen für Zuhause bekommen, mittlerweile aber wird hier ein Krafttraining angeboten, das den Bedürfnissen in handballspezifischer Hinsicht entspricht.

Mit Handball-Cross-Einheiten betätigen sich die Spielerinnen auch Outdoor im sportartspezifischen Profil. Zudem absolvieren sie längst auch wieder Trainingseinheiten mit dem eigentlichen Spielgerät, dem

 

Handball – alles immer unter Einhaltung der vorgeschriebenen Regeln, der Politik, der Stadtverordnungen und der Gesundheitsämter.

Wir sind zusammen alle sehr froh, solch ein angemessenes und zielführendes Training, vor allem auch im Hinblick auf eine durchgehende Entwicklung der jungen Bundesliga- und Nachwuchsspielerinnen durchführen zu können.“

Sie haben mit Abbruch der Saison den 6. Tabellenplatz erreicht. Wie bewerten Sie diese Platzierung?

Wolf: „Ein sportliches Ranking nach Abbruch einer Saison zu bewerten halte ich für unangemessen. Andreas Thiel hat sich in seiner Funktion als HBF-Vorsitzender gemeinsam mit seinen Vorstandskollegen sehr früh dazu entschlossen, die Saison wegen der Corona-Pandemie abzubrechen. Mit dieser Entscheidung hatten alle Vereine zu einem sehr frühen Zeitpunkt Planungssicherheit, zumindest, was das Ende der Saison angeht.

Des Weiteren hat der HBF-Vorstand entschieden, dass es keinen Meister gibt und hat gemäß DHB-Empfehlung ein Ranking für die abgelaufene Saison ermittelt. Dass diese Entscheidung nicht alle zufriedenstellt liegt in der Natur der Sache, denn jeder hätte gerne die Saison sportlich zu Ende gespielt.

Dass der BVB daraus jetzt eine Sexismus-Thematik macht befremdet mich, denn gerade die Möglichkeit der eigenen Entscheidung spricht doch für das Gegenteil. Für mich hat Andreas Thiel wieder einmal bewiesen, dass er sich nicht vor irgendwelche Karren spannen lässt, sondern Entscheidungen trifft und diese auch konsequent umsetzt. Solche Entscheider sind in Krisen notwendig.“

Biegler: „Mich zu einer Platzierung zu äußern, steht mir aufgrund meiner Funktion hier definitiv nicht zu. Grundsätzlich sehe ich den Sachverhalt sehr pragmatisch: nicht nur im deutschen Handball sind etliche sportliche Vergleiche in Form von Meisterschaftsspielen bereits durch Abbruch beendet worden. Titelvergaben jedweder Form erübrigen sich demnach in meinen Augen, da diese Spielsaisons de facto nicht zu Ende gespielt worden sind und somit keine absolute Vergleichbarkeit gegeben ist.

Alle öffentlich geführten Diskussionen halte ich aufgrund schwerwiegenderer Problemstellungen in unserer Gesellschaft für nicht nachvollziehbar. Sie zeigen zudem auf, dass wir noch zu sehr dem Glauben behaftet sind, irgendwann unverändert an die Zeit vor der Pandemie anknüpfen zu können. Wie man in der jetzigen Situation feststellen kann, steht vieles Gewohnte auf dem Prüfstand und, auf den Handball bezogen, erscheint es mir sehr wichtig, sich Gedanken


darüber zu machen, wie und in welcher Form wir unser geliebtes Sportspiel künftig tragfähig „reloaded“ leben können.“

Bei all dem schwingt im Hinterkopf natürlich auch schon die Saison 2020/21 mit. Niemand weiß final, wann und wie diese Saison stattfinden wird – dennoch müssen Sie ja einen Kader haben, mit dem Sie sich vorbereiten – wie gestaltet sich denn die aktuelle Planung für die kommende Saison?

Wolf: „Es ist natürlich schwierig. Wir haben vier feststehende Abgänge. Zusätzlich zu Kim Hinkelmann und Lilly Holste rückt Jule Polsz aus unserem Nachwuchsteam für die Rechtsaußenposition in den Profikader auf. Wir wissen nicht, wann und wie auch immer es wieder losgehen wird, aber wir möchten auf allen Ebenen gut vorbereitet sein.“

Biegler: „Hier ist vor allem im Management eine sehr hohe fachliche Kompetenz mit einem außergewöhnlich hohen Alleinstellungsmerkmal vorhanden, die ich nach all meinen bisher gemachten Erfahrungen als sehr, sehr wohltuend empfinde. Verstanden zu haben, dass es im ersten Step wichtig ist, die Handballerinnen adäquat sportartspezifisch zu bewegen, und dies unabhängig von zurzeit nicht absehbaren Zukunftsszenarien.

Ich habe den großen Wunsch, dass die in vielerlei Hinsicht sehr aufwendige Vorgehensweise der Führung der Bayer-Handballerinnen zum einen dazu führt, die erfolgreiche Nachwuchsarbeit fortsetzen zu können, zum anderen den jungen Bundesliga-Spielerinnen einen Motivationsschub zu geben, um einer möglichen Ausstiegsproblematik entgegenzusteuern.“ 

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